Via Regia – Tag 11 bis Tag 15

03.10.2019 Donnerstag
von Leipzig nach Merseburg

TemperaturRegenKmZeitraufrunter
kühl, sonnigwenig, später
reichlich
35,20 7:0362 m84 m

Trotz der Länge der Strecke gestaltete sich der Tag ganz angenehm. Es gab wenig Höhenmeter. Insbesondere der Start (feines Frühstücksbuffet!) in Leipzig ließ mich spüren, dass es ein Feiertag war. Ich war sehr früh unterwegs, mein Weg führte mich in Leipzig durch den Stadtpark Richtung Westen, es waren sehr entspannte Menschen unterwegs, mit ihren Hunden, oder als Jogger. Danach gefühlt lange an der „neuen Luppe“ vorbei (leider viele Schotterwege), dann durch sehr offene Landschaften und Dörfer. Das letzte Drittel führte sehr lange geradeaus (langweilig!) zwischen zwei Seen entlang. Tagsüber ein paar kleine Schauer, aber sonst war die Sonne eigentlich durchgängig sichtbar. Ganz zum Schluss wurde der Regen stark, aber da hatte ich die Pension schon erreicht. Ausnahmsweise bin ich nur noch zum Abendessen gegangen, von Merseburg habe ich sonst nichts gesehen. Das tut mir ein bisschen leid. Ich komme bestimmt noch mal wieder!

ÜN: Pension Leisner, kompaktes, gemütliches Zimmer mit Komfort, gut geschlafen, nettes, langes Frühstücksgespräch mit Frau Leisner. Angemessener Preis.


04.10.2019 Freitag
von Merseburg nach Freyburg

TemperaturRegenKmZeitraufrunter
kühl, windigabends 29,00 5:28151 m139 m

Morgens bei nassem und windigen Wetter gestartet. Witzig: der Pilgerweg verließ Merseburg durch einen Tierpark. Die Tiere hinter den Zäunen zu sehen vertiefte noch einmal zusätzlich das Gefühl, frei zu sein, diesen wunderbaren Weg zu laufen. Nach dem Tierpark wurde der Weg in bisschen eng und leider auch rechts und links von Müll gesäumt. Danach gab es wieder lange gerade Strecken. In einem der nächsten Dörfer hat mich die „Geisel“ genommen. Ich will sagen, ich habe einen kleinen Schlenker gemacht, weil ich eine Muschel nicht gesehen habe und der GPS auch nicht richtig Auskunft gegeben hat. Kam am Schloss Unterhof heraus und hatte wohl die Ehre, den Schlossherrn samt Hund kennen zu lernen.

Der erzählte mir (der Schlossherr), dass nach dem Frühstück (auch er bot Pilgern Herberge) ein anderer Herr mit seinen zwei Enkelinnen gestartet wäre. Warum auch immer, er glaubte, dass ich die drei einholen würde.

Dann kam noch ein kleiner überflüssiger Schlenker, der darauf zurückzuführen war, dass der Jakobsweg hier noch eine Alternative Route bietet und es tatsächlich Muscheln in zwei verschiedene Richtungen gibt.

Wieder auf dem richtigen Weg, habe ich in Pettstädt (wie viele T’s sagten Sie?) eine gemütliche Mittagspause gemacht und tatsächlich 7 km vor Freyburg Norbert, Felicitas (11) und Magdalena (13) eingeholt. Ein paar bunte Anoraks hatte ich schon eine Weile weit vor mir gesehen. Ich ziehe meinen Hut, Norbert, für eine solche Wanderung Enkel zu motivieren, werde ich nie schaffen, aus mehrfachen Gründen (es sei denn, ich wäre noch mit 77 Jahren fit genug).

Wir sind dann bis Freyburg zusammen gelaufen und hatten noch genug Atem, um uns zu unterhalten. Der allmähliche Aufstieg von Pettstädt an endete dann in einem sehr steilen Abstieg in Freyburg, bei dem ich den PiWa führen/tragen musste. Mit der Ankunft begann es immer stärker zu regnen. Nachdem ich das Pilgerzimmer bezogen habe, ging ich noch mal in den Ort. In Freyburg befindet sich übrigens die Rotkäppchen Sektkellerei. Ich hätte diese gerne besichtigt, fand aber den Eintrittspreis dazu sowohl üppig wie überflüssig. Ich glaube, ich habe unsere hiesigen Brauereien fast alle besichtigt ohne etwas dafür etwas zu bezahlen.

Abends habe ich im hoteleigenen Restaurant gegessen und wurde zu dem kurzurlaubenden Ehepaar Rheinländer gesetzt. Ich erinnere mich gerne an dieses kurzweilige und witzige Tischgespräch. Frau Rheinländer und ich kreierten bei dieser Gelegenheit auch die Basis für die diversen Benennungen meines Pilgerwagens.

ÜN: Hotel am Weinberg, Pilgerzimmer für mich allein, mit 3 Betten und modernem Bad über Flur. Gutes Abendessen im Restaurant und Frühstücksbuffet. Preislich im Rahmen.


05.10.2019 Samstag
von Freyburg nach Naumburg

TemperaturRegenKmZeitraufrunter
kaltja 7,85 1:475 m18 m

In Freyburg bin ich bei Regen gestartet, hat aber ein regelrechtes Wochenend-Feeling, das sicher auch dem kurzen Weg geschuldet war. Es ging ohne große Steigungen die Unstrut entlang. Bis zur Fähre, Fährmann an Bord, aber etwas mürrisch, an einem riesengroßen Campingplatz vorbei und dann erhob sich das Profil von Naumburg auch schon auf dem Berg. Auf den musste man dann auch konsequenterweise rauf (teilweise über Stufen) und dann in die Altstadt zum Dom. Gleich neben dem Dom war die Pilgerherberge mit einem Blick auf den Innenhof dieses kirchlichen Anwesens und einem Fenster zur anderen Seite heraus. Ich habe ein Stadtbummel gemacht, bin durch verschiedene Geschäfte gebummelt, habe mich in einer Apotheke beraten lassen, ob mein Nahrungskonzept auf dieser Reise vollständig ist, habe mir einen kleinen Ball gekauft, um meinen Faszien etwas Gutes zu tun und bin zum Mittagsschlaf wieder zurück in die Herberge.

Das immer noch kalt war (Naumburg = lat. ‚Stadt ohne Heizlüfter‘) habe ich mich in mehrere Decken eingemummelt, Musik gehört und gelesen. Zum Abend noch mal raus und Lebensmittel eingekauft.

Zur Dombesichtigung war es an einem Samstag dann knapp zu spät, aber von außen war er auch schön anzusehen.

Später gab‘s im Innenhof noch eine Veranstaltung, bei der eine Trommlergruppe einem Geburtstagskind ein Ständchen trommelte. Besonders hervorzuheben war die Samba-Tanzeinlage einer attraktiven jungen Dame. Allerdings war sie der Jahreszeit entsprechend kleidet!

In Naumburg wird Pilgern echt was geboten!

ÜN: Mit dem Wissen, dass es heute nur ein kurzer Weg war, plante ich den Tag als Ruhetag und hatte mir große Wäsche und einen langen und intensiven Mittagsschlaf vorgenommen. Das Zimmer im Gebäude des Gemeindebüros, Domplatz 8, war schön und modern mit Dusche. Leider ging die Heizung nicht. Statt großer Wäsche also bummeln gehen, einkaufen (Küchennutzung war möglich) und mit Buch und Musik in die Decken einmummeln.


06.10.2019 Sonntag
von Naumburg nach Eckartsberga

TemperaturSonneKmZeitraufrunter
angenehmnein 23,70 4:33234 m164 m

Ich bin in Naumburg wieder relativ früh gestartet. Kleines Ärgernis, der Pilgerweg führt über das Gelände des Oberlandesgerichtes. Dummerweise gab es am Ende des Geländes ein kleines Tor, das verschlossen war. Drüber klettern ging nicht. Dank dem GPS war nicht so schwer, eine alternative Route zu finden. Für Muschelgeher habe ich mir das deutlich schwieriger vorgestellt.

Der Tag begann mit Nebel, aber es war erkennbar, dass es ein sonniger Tag werden würde. Und so habe ich mit Genuss erlebt, wie die Landschaft an der Saale immer deutlicher aus dem Nebel hervortrat.

Ab Roßbach ging es üppig bergauf und Kopfsteinpflaster hatte es auch noch. Nichtsdestotrotz gelang es mir, Christine und Stefan einzuholen, zwei Pilger (= ein Ehepaar), die einfach zum Genuss wanderten. Das haben sie auch schon oft und auf vielen kurzen und langen Strecken getan. Wir sind mit Rest der Strecke zusammen gelaufen und hatten uns viel zu erzählen. So nach und nach, fast auf Nachfrage, kam heraus, wie vielseitig und häufig die beiden auf Reisen sind. Beneidenswert auch die Harmonie, die sie ausstrahlten. Ich wünsche Euch beiden noch viele, viele Kilometer zusammen.

In Punschrau waren wir einig, nicht den „vorgeschriebenen“ Schlenker an der Kirche entlang zu machen. Diese „Abkürzung“ war eine echte Bereicherung dieses Tages, denn wir wurden aus einem Partyzelt heraus angesprochen und umgehend zum Feiern dazugeladen. Der Gastgeber feierte die Geburt einer weiteren Enkelin. Es soll dem Kind gut gehen und allen, die wir dort getroffen haben.

Ich nehme an, wir hätten dort den Rest des Nachmittags bleiben können und man hätte wahrscheinlich noch eine Fahrgelegenheit nach Eckartberga für uns organisiert. Aber, wie bereits an anderer Stelle beschrieben, war das so nicht vereinbart, und so sind wir nach 1 Stunde sehr entspannt weitergezogen. Kurioserweise hatten Christine und Stefan zwar in anderen Namen für die Unterkunft, aber die gleiche Adresse. Sie waren im Hotel, ich im Pilgerzimmer. Ich glaube, die Wirtin hätte es gerne gesehen, wenn ich auch im Hotel gewesen wäre.

Wir haben uns zum Abendessen verabredet und ich habe Felicitas, Magdalena und Norbert wieder getroffen, die im gleichen Restaurant gegessen haben. Ich habe mich sehr gefreut.

Am nächsten Morgen sind Christine und Stefan wieder über eine andere Strecke nach Naumburg zurückgelaufen.

ÜN: Pilgerhostel am Markt. Typisches Pilgerzimmer unter dem Dach (7 Betten – war aber wieder alleine) mit Dusche. Gutes Essen im angeschlossenen Restaurant, ebenso das Frühstück. Preis OK.


07.10.2019 Montag
von Eckartsberga nach Stedten

TemperaturRegenKmZeitraufrunter
kühl, sonnignein26,445:20165 m204 m

Heute wieder sehr schönes Wetter, sonnig aber nicht heiß, akzeptable Höhenmeter und glatte Wege. Insbesondere auf dem mittleren Stück war die Landschaft sehr offen und bot sehr weite Sichten. Die einzige Erschwernis waren wieder die Feldwege, die die Traktoren zur matscht haben. Dass riesengroße Felder gibt, gehe ich auch von riesengroßen Traktoren aus! Der Lehm wollte mich wieder im Lande halten. Bevor ich in Buttelstedt einlaufen konnte, musste ich mir bei einem im Garten arbeitenden Ehepaar einen Eimer Wasser und eine Wurzelbürste erbeten, weil ich aussah, wie der Feldweg, über den ich gerade gekommen bin. Danke für die Hilfe.

Da es in Stedten offensichtlich (frag Google) kein Lebensmittelgeschäft gibt, habe ich mein Essen bereits in Buttelstedt gekauft. Mit dem Lehm an den Füßen und an den Rädern hätten sie mich umgehend wieder aus dem Supermarkt hinaus komplimentiert. Für den Transport meines Einkaufs habe ich mir einen flachen Karton erbeten und diesen mit einem weiteren Riemen auf den Wanderwagen geschnallt. Damit der Karton/der Riemen nicht verrutscht, habe ich mit dem Taschenmesser ein Kanal in die Ecken geschnitten. Dabei habe ich die Flasche mit Bier beschädigt und musste den Verlust meines halben Biervorrates beklagen.

Vor Stedten, ab der Straußenfarm in Schwerstedt wurde der Weg nach etwas anstrengend, weil zugewachsen. In Stedten angekommen musste ich mich noch orientieren weil mein Ziel keine wirkliche Adresse hatte (Haus 21!). Aber der erste lebende Mensch, den ich zu Gesicht bekam, konnte mir die Richtung zeigen, in der Frau Abschlag wohnte, die ausgewiesene Herbergsmutter. Die nächsten zwei Menschen waren die Schwiegertochter von Frau Abschlag und ihre Tochter. Die beiden haben mich dann direkt zur Kirche geführt und mir die Hausordnung erklärt. Außer dem Kirchturm (siehe Foto gab‘s noch diverse Feldbetten in der Galerie. Die Kirche wird, außer als Pilgerunterkunft, lediglich zu Weihnachten für einen Gottesdienst benutzt, wie ich auf Nachfrage erfahren habe.

Der Tag war so schön und sonnig, dass ich noch ein paar Kleidungsstücke gewaschen habe, die ich dann mit dem Wäscheständer vor die Tür gestellt habe. Ich habe mich mit dem Buch in Badehose auf die Rundbank dazu gesetzt und habe zumindest eine halbe Stunde die Sonne genossen. Dann wurde es kühl.

Am späten Nachmittag hörte ich dann mehrfache Schritte auf der Holztreppe zum Turm und ging nachschauen. Große Freude! Norbert und seine zwei Enkelinnen waren angekommen. Da die Drei keine größeren Vorräte mitgebracht haben, hatte man ihnen eine Adresse genannt, die zwar nicht als Gasthaus ausgewiesen war (auch keine Reklame draußen), aber eine kleine gemütliche Gaststube hatte, Bier aus dem Kasten verkaufte und wo man auch eine Kleinigkeit zum Essen bestellen konnte. Insiderwissen! Ich habe mir wie geplant mein Essen gekocht, mein übrig gebliebenes Bier getrunken und bin dann den Dreien gefolgt um noch gemeinsam ein wenig zusammen zu sitzen. Mich interessierte auch dieser Gastraum. Ich nehme an, der Ort ist so klein, dass sich für eine normale Gaststätte nicht lohnen würde. Andererseits scheint es aber notwendig zu sein, dass man irgendeinen Treffpunkt hat, um Menschen treffen zu können, die im Status vielleicht weniger als ‚enge‘ Freunde sind.

ÜN: Übernachtung im Kirchturm der St. Kilian Kirche. Wunderschön. Blick in alle vier Himmelsrichtungen. Siehe auch die Fotos. Dankenswerterweise hat dieser Heizkörper gut funktioniert. Leider keine Dusche. Aber da gibt es was! Feuchte Tücher!

Herzlich willkommen